Bayerischer Verfassungsgerichtshof bringt Glücksspielkollegium ins Wanken

Bayerischer Verfassungsgerichtshof bringt Glücksspielkollegium ins Wanken

Neufassung des Glücksspielstaatsvertrags unausweichlich

Der Bayerische Verfassungsgerichtshofs hat mit einer heute veröffentlichten Entscheidung zentrale Bestandteile des Glücksspielstaatsvertrags in Frage gestellt. Durch die Entscheidung gerät insbesondere das zentrale Gremium der Glückspielaufsichtsbehörden, das sog. Glücksspielkollegium, ins Wanken. Da durch die Regelungsbefugnisse des Kollegiums das Rechtsstaatsprinzip verletzt wird, darf das Glücksspielkollegium keine Rechtsnormen über Glücksspielwerbung oder Entscheidungen über die Anzahl der zu vergebenden Sportwettenkonzessionen erlassen.

Zuvor hatten bereits zahlreiche Rechtsexperten, wie Professor Gregor Kirchhof und Professor Thomas Würtenberger Zweifel erhoben, ob das Glücksspielkollegium verfassungskonform sei. Auch das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat bereits in einer Entscheidung die Verfassungskonformität des Gremiums in Frage gestellt.

Sportwettenkonzessionsverfahren

Durch die Entscheidung wird auch die Zukunft des seit über drei Jahren ergebnislos laufenden Sportwettenkonzessionsverfahrens weiter in Frage gestellt. Der Verfassungsgerichtshof erklärte hierzu:

„Die zahlenmäßige Beschränkung der Sportwettenkonzessionen und der Erlaubnisse für Wettvermittlungsstellen genügt […] nicht in vollem Umfang den aus dem Rechtsstaatsprinzip sich ergebenden Anforderungen.“

Folge dürfte sein, dass die Ministerpräsidenten die Anzahl der Sportwettenkonzessionen nicht wie im Vertrag vorgesehen durch einen einfachen Beschluss erhöhen können. Sollte das Konzessionsverfahren scheitern, steht damit zwingend eine Neufassung des Staatsvertrags an.

Werberichtlinie unanwendbar

Mit der Entscheidung des Gerichts ist die vom Glücksspielkollegium erlassene Werberichtlinie zudem nicht mehr anwendbar:

„Auch die allgemeinen Vorschriften über die Zulässigkeit von Glücksspielwerbung entsprechen teilweise nicht den rechtsstaatlichen Anforderungen.“

Mittels der Werberegulierung sollte eigentlich die Erreichung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrags, insbesondere der Kanalisierung hin zu lizenzierten Anbietern, gesteuert werden.

DSWV-Präsident Mathias Dahms kommentiert die Entscheidung:

„Angesichts der Tatsache, dass das Glücksspielkollegium nun teilweise handlungsunfähig ist und entscheidende Bestandteile des Glücksspielstaatsvertrags in Frage stehen, ist ein politischer Neuanfang unausweichlich. Der Glücksspielstaatsvertrag hat sich in der Praxis und vor den Gerichten als untauglich erwiesen. Die Ministerpräsidenten müssen nun endlich über eine rechtssichere Neufassung diskutieren.“

Einen Ausweg aus dem Debakel hat der Verfassungsgerichtshof dem bayerischen Ministerpräsidenten bereits aufgezeigt. Dieser sei „zumindest verpflichtet, eine einvernehmliche Lösung des Konflikts zu suchen und notfalls eine gerichtliche Klärung auf bundesrechtlicher Ebene herbeizuführen oder von dem in § 35 Abs. 3 GlüStV vereinbarten Kündigungsrecht Gebrauch zu machen.“

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