Live-und Ereignis-Wetten zu unrecht im Fokus. Faktenbasierte Debatte über Sportwettenregulierung notwendig.
Das Asser-Institut für Sportrecht (Niederlande) hat mit der Studie „Die Wahrscheinlichkeiten von Spielmanipulation“ die erste empirische Untersuchung zu wettbezogener Spielmanipulation vorgelegt. Darin zeigt der Autor, Professor Ben van Rompuy, dass zahlreiche gesetzliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Spielmanipulation wissenschaftlicher Grundlagen entbehren und damit ins Leere laufen.
Der von einigen EU-Staaten verfolgte Ansatz bestimmte, als manipulationsanfällig betrachtete Wettarten einzuschränken oder gar zu verbieten sei teilweise auf Missverständnisse und mangelnde empirische Kenntnis der Wettmärkte zurückzuführen. Dies sei insbesondere bei Live- und Ereigniswetten der Fall, die in der politischen Diskussion – auch in Deutschland – immer wieder als manipulationsanfällig gebrandmarkt wurden.
Derartige Behauptungen, so van Rompuy, könnten unter wissenschaftlichen Standards nicht bestehen:
„Aufbauend auf den quantitativen empirischen Belegen, hat diese Untersuchung keine Korrelation zwischen Live-Wetten oder Nebenwetten und möglichen Vorfällen von wettbezogener Spielmanipulation finden können, die ein Verbot dieser Wettarten rechtfertigt.“
Dabei, so die Studie, kann es unter Umständen durchaus sinnvoll sein, gewisse Einschränkungen beim Wettprogramm vorzunehmen. Solche Einschränkungen müssten aber nachweisbar ihren Zweck erfüllen.
Mathias Dahms, Präsident des Deutschen Sportwettenverbands (DSWV), kommentiert:
„Da die Buchmacher neben dem Sport die Geschädigten von Match Fixing sind, wollen wir den Kampf gegen Spielmanipulation gemeinsam mit dem Sport und den Behörden vorantreiben. Sinnvolle Maßnahmen müssen aber dort ansetzen, wo tatsächliche Gefahren bestehen. Mit unpassenden Beschränkungen der Live- und Ereigniswetten werden lediglich staatlich lizenzierte Angebote abgewürgt, während der Schwarzmarkt boomt.“
Um die tatsächlichen Risiken wettbezogener Spielmanipulation aufzuzeigen, beleuchtet die Asser-Studie nicht nur die Angebots- sondern auch die Nachfrage-Seite der Spielmanipulation: also sowohl in welchem Maße ein Spiel(ereignis) manipulierbar ist, als auch in welchem Maße kriminelle Organisationen bestimmte Spiele und Wettarten in der Praxis für ihre Zwecke missbrauchen. Diese Nachfrage ist in hohem Maße dadurch geprägt, dass Kriminelle ihr Entdeckungsrisiko minimieren wollen.
Als entscheidender Faktor wird dabei die Liquidität in Wettmärkten identifiziert. Der Studie zufolge machen sich professionelle Spielmanipulierer hauptsächlich hochliquide und intransparente Wettmärkte zu nutze, wo das Entdeckungsrisiko äußerst gering sei. Denn in Wettmärkten mit geringer Liquidität und hoher Transparenz, wie sie bei europäisch regulierten Buchmachern vorherrscht, sei es für kriminelle Organisationen grundsätzlich schwierig, signifikante Einsätze zu platzieren ohne ein hohes Entdeckungsrisiko einzugehen.
DSWV-Präsident Mathias Dahms kommentiert:
„Im Gegensatz zu den intransparenten asiatischen Wettmärkten, auf denen gigantische Summen verschoben werden, begrenzen europäisch regulierte Wettanbieter die Einzahlungen und betreiben ein umfassendes Risikomanagement. Bei unregelmäßigen Marktbewegungen und Quotenverläufen prüfen wir, ob eine Manipulation vorliegen könnte. Sollte sich der Verdacht erhärten, melden wir dies an die zuständigen Verbände und Behörden.“
Mathias Dahms weiter:
„Die Ergebnisse der Asser-Studie zeigen, dass eine faktenbasierte Debatte über Spielmanipulation in Deutschland dringend nötig ist, um die Qualität der Sportwettenregulierung zu verbessern. Wichtig ist vor allem, einen institutionellen Austausch zwischen Aufsichtsbehörden, Sport und Wettanbietern zu etablieren. Hierfür stehen wir jederzeit zur Verfügung.“
Grundlage der Asser-Studie sind Daten über Wettmärkte der britischen Wettbörse Betfair sowie des Manipulationserkennungssystems (Fraud Detection System) der Schweizer Firma Sportradar, die einen Zeitraum von fünf Jahren umfassen.