Berlin. – Die Ministerpräsidenten haben beschlossen, Online-Glücksspiele ab dem 15. Oktober 2020 bei Einhaltung strikter Vorgaben zu tolerieren. Damit schaffen sie einen reibungslosen Übergang zum neuen Glücksspielstaatsvertrag 2021, der diese Spiele erstmals in Deutschland reguliert. Der Deutsche Sportwettenverband (DSWV), der sich lange für eine solche Übergangsregelung eingesetzt hat, lobt die heute veröffentlichte Entscheidung, kritisiert aber die unrealistisch enge Umsetzungsfrist. Die Anbieter sollen zahlreiche komplizierte technische Anforderungen innerhalb weniger Tage erfüllen.
Der neue Glücksspielstaatsvertrag reguliert ab dem 1. Juli 2021 die längst bestehenden Märkte für virtuelle Automatenspiele, Casinospiele und Poker im Internet. Die ab Mitte Oktober gültige Übergangsregelung verfolgt das Ziel, bereits jetzt Rechtssicherheit zu schaffen. Auch Sportwettenanbieter und deren Kunden profitieren: Besonders beliebte Live-Wetten – etwa die Wette auf das nächste Tor – sollen nach dem Willen der Regierungschefs dauerhaft angeboten und beworben werden können.
Eine funktionierende Übergangsregelung hätte Vorteile für die Verbraucher, die Politik und die regulierungswilligen Anbieter gleichermaßen, erklärt DSWV-Präsident Mathias Dahms:
„Die Öffnung der Online-Glücksspielmärkte ist politisch beschlossene Sache und wir begrüßen dies ausdrücklich. Da ist es konsequent, den Übergang in die neue Regulierung 2021 möglichst reibungslos zu gestalten. Dem Spielerschutz wäre ein Bärendienst erwiesen, wenn sichere Angebote vorübergehend abschalten müssten, nur um in wenigen Monaten wieder hochzufahren. Die Abwanderung der bestehenden Kunden in den Schwarzmarkt würde den Start in einen regulierten Markt unnötig erschweren.”
Dass die Übergangsregelung dennoch mit Problemen einhergehen wird, liegt an den unverhältnismäßig kurzen Umsetzungsfristen für IT- und Spielerschutzvorgaben. Weil mehrere Bundesländer wochenlang auf der Bremse standen, erfuhren die Anbieter erst am 1. Oktober 2020, also nur zwei Wochen vor dem Stichtag, welche konkreten technischen Anforderungen an die Tolerierung ihrer Angebote gestellt werden. Weiterhin gibt es keine Ansprechpartner zur Klärung technischer Detailfragen bei den Behörden, da die Zuständigkeiten ungeklärt sind. Zugleich kündigen aber mehrere Glücksspielaufsichtsbehörden in den Bundesländern ab Tag eins die härtestmögliche Ahndung jeglichen Regelverstoßes an – bis hin zum Ausschluss der Anbieter aus künftigen Lizenzverfahren.
Mathias Dahms vermutet dahinter politisches Kalkül einzelner unzufriedener Länder:
„Eine nur zweiwöchige Implementierungsfrist von komplexen IT-Projekten ist ein Ding der Unmöglichkeit. Unter normalen Bedingungen benötigt so ein Prozess einen Zeitrahmen von mehreren Monaten. Jeder, der sich mit der Materie beschäftigt, weiß das. In einigen Bundesländern scheint der Frust über die Neuregulierung des Glücksspielwesens jedoch grenzenlos zu sein. Den privaten Glücksspielanbietern soll es scheinbar möglichst schwer gemacht werden, staatliche Vorgaben zu erfüllen und Lizenzen zu erhalten. Deswegen wurden auch die Entscheidung über Tolerierungskriterien so lange hinausgezögert.”
Der DSWV fordert die Staatskanzleien auf, dafür Sorge zu tragen, die Übergangsregelung zu einem Erfolg zu führen und zu verhindern, dass einzelne Länder die gute Absicht hinter der Regelung ins Gegenteil verkehren.